Unser Gehirn braucht Geschichte um Vorstellungskräfte zu entwickeln. Geschichten haben eine besondere Macht. Sie inspirieren, motivieren und verbinden uns auf einer tiefen emotionalen Ebene. Menschen sind von Natur aus Geschichtenerzähler und -hörer. Seit Jahrtausenden nutzen wir Geschichten, um Wissen weiterzugeben, Werte zu vermitteln und die Welt um uns herum zu verstehen. Geschichten sind wichtig, sie werden in der Unternehmensführung und im Changemanagement eingesetzt  und  wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigen ihre Wirksamkeit – Geschichten und “Visionen” sind keinesfalls Chi Chi und das erzählen können von Geschichten eine zentrale Fähigkeit in der Führung – einzige Einschränkung: man muss selbst davon überzeugt sein.

Kerstin Clessienne, eine erfahrene und langjährige Begleiterin von Unternehmen besonders in der strategischen und technologischen Veränderung, hat sich intensiv mit Neurowissenschaften beschäftigt und integriert neurowissenschaftliche Erkenntnisse in ihre Arbeit. Je abstrakter die Veränderung desto emotionaler müssen die Geschichten sein. Und dennoch – es darf nicht bei der Geschichte bleiben. Strategie ist Verständnis, Organisation, Kommunikation, Umsetzung und Lernen.

Warum Menschen Geschichten lieben und brauchen

Geschichten sind ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Erfahrung. Sie helfen uns, komplexe Informationen zu verarbeiten, emotionale Verbindungen herzustellen und uns selbst in der Welt zu verorten. Hier sind einige Gründe, warum Geschichten so tief in uns verwurzelt sind:

  1. Emotionale Verbindung: Geschichten sprechen unsere Emotionen an und schaffen eine Verbindung zwischen dem Erzähler und dem Zuhörer. Diese emotionale Resonanz kann tiefgreifende Auswirkungen auf unser Denken und Handeln haben.
  2. Vorstellungskraft und Identifikation: Geschichten beflügeln unsere Vorstellungskraft und ermöglichen es uns, uns in die Protagonisten hineinzuversetzen. Dies fördert Empathie und Verständnis.
  3. Erinnerung und Verständnis: Geschichten helfen uns, Informationen besser zu erinnern und zu verstehen. Sie bieten einen Kontext, der das Lernen erleichtert und Wissen nachhaltig verankert.

Ein bekanntes Beispiel aus der Literatur ist “Die unendliche Geschichte” von Michael Ende. In dieser Geschichte kann sich der junge Bastian erst dann für das Phantasiereich einsetzen und persönliche Risiken eingehen, als er die Abenteuer von Atréju und Fuchur stellvertretend erlebt und selbst fühlt. Diese emotionale Identifikation mit den Charakteren und ihren Herausforderungen motiviert ihn zu handeln.

Neurowissenschaftliche Erkenntnisse zu Geschichten

Die Neurowissenschaften haben gezeigt, dass Geschichten unser Gehirn auf einzigartige Weise aktivieren. Wenn wir eine Geschichte hören oder lesen, werden die gleichen Hirnregionen aktiviert wie bei der tatsächlichen Erfahrung der beschriebenen Ereignisse. Diese “Simulation” der Erfahrung hilft uns, die Bedeutung der Geschichte tiefer zu verstehen und zu verinnerlichen.

Studien und Erkenntnisse:

  • Paul Zak (2014): Paul Zak, ein Pionier auf dem Gebiet der Neuroökonomie, hat gezeigt, dass Geschichten die Freisetzung von Oxytocin im Gehirn fördern. Oxytocin ist ein Hormon, das mit Empathie und Vertrauen verbunden ist. Geschichten, die emotionale Reaktionen hervorrufen, können somit das Vertrauen und die Bindung zwischen Menschen stärken.
  • Uri Hasson (2008): Uri Hasson und seine Kollegen an der Princeton University fanden heraus, dass die Gehirnwellen von Erzählern und Zuhörern synchronisiert werden, wenn eine fesselnde Geschichte erzählt wird. Diese Synchronisation erleichtert das Verständnis und die emotionale Verbindung.
  • Raymond Mar (2006): Eine Studie von Raymond Mar und seinen Kollegen zeigte, dass das Lesen von Geschichten die sozialen Fähigkeiten verbessert. Die Probanden, die mehr Geschichten lasen, zeigten eine höhere Empathie und ein besseres Verständnis für die Gedanken und Gefühle anderer.

Die Bedeutung von Change Stories im Changemanagement

Change Stories sind narrative Werkzeuge, die verwendet werden, um Veränderungsprozesse in Unternehmen zu kommunizieren und zu unterstützen. Sie erzählen die Geschichte der Veränderung in einer Weise, die für alle Beteiligten verständlich und nachvollziehbar ist.

Warum Change Stories wichtig sind:

  1. Klare Kommunikation: Change Stories erleichtern die Kommunikation komplexer Veränderungsprozesse, indem sie diese in eine verständliche und ansprechende Geschichte verpacken.
  2. Motivation und Engagement: Durch das Erzählen einer inspirierenden Geschichte können Mitarbeiter motiviert und engagiert werden, die Veränderung aktiv mitzugestalten.
  3. Gemeinsames Verständnis: Change Stories schaffen ein gemeinsames Verständnis und eine gemeinsame Vision, die alle Beteiligten auf ein gemeinsames Ziel ausrichten.
  4. Überwindung von Widerstand: Geschichten helfen, Widerstände gegen Veränderungen zu überwinden, indem sie die emotionalen und rationalen Aspekte der Veränderung ansprechen.

Das Modell der Spiral Dynamics

Das Modell der Spiral Dynamics, entwickelt von Clare W. Graves und weiterentwickelt von Don Beck und Christopher Cowan, ist ein umfassendes Framework zur Erklärung der Entwicklung menschlicher Werte, Kulturen und Denkweisen. Es beschreibt, wie Menschen und Gesellschaften sich in einer spiralförmigen Dynamik durch verschiedene Entwicklungsstufen bewegen, jede gekennzeichnet durch unterschiedliche Wertsysteme und Weltanschauungen.

Die acht Hauptstufen der Spiral Dynamics:

  1. Beige: Überleben und grundlegende Bedürfnisse.
  2. Purpur: Stammesdenken, Traditionen und Rituale.
  3. Rot: Macht und Kontrolle, egozentrisches Denken.
  4. Blau: Ordnung, Regeln und Struktur, autoritäre Systeme.
  5. Orange: Erfolg und Leistung, rationales und materialistisches Denken.
  6. Grün: Gemeinschaft und Harmonie, pluralistisches und sozial orientiertes Denken.
  7. Gelb: Flexibilität und Funktionalität, systemisches und integratives Denken.
  8. Türkis: Ganzheitlichkeit und globales Bewusstsein, holistisches und transpersonales Denken.

Anwendung der Spiral Dynamics im Change Management:

  1. Verständnis der Ausgangsstufe: Identifikation, auf welcher Entwicklungsstufe die Organisation oder die beteiligten Personen sich befinden.
  2. Anpassung der Kommunikation: Kommunikation und Change Stories an die Werte und Weltanschauungen der aktuellen Stufe anpassen, um Verständnis und Akzeptanz zu fördern.
  3. Schrittweise Entwicklung: Gestaltung der Veränderungsprozesse in einer Weise, die die natürliche Entwicklung zur nächsten Stufe unterstützt, anstatt sie zu erzwingen.
  4. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Anerkennung, dass unterschiedliche Teile der Organisation sich auf verschiedenen Stufen befinden können und unterschiedliche Ansätze erfordern.

Die Rolle von Führung und Changemanagement

Führung und Changemanagement sind entscheidend für den Erfolg von Transformationsprozessen. Führungskräfte müssen nicht nur Klarheit im Narrativ der Veränderung schaffen, sondern auch die Operationalisierung der Strategien sicherstellen. Das bedeutet, dass sie die Handlungsfelder und Aufgaben in die verschiedenen Ebenen der Organisation herunterbrechen müssen.

Warum Führung und Changemanagement wichtig sind:

  1. Unterstützung bei der Veränderung: Menschen gehen unterschiedlich mit Veränderungen um. Führungskräfte müssen in der Lage sein, individuelle Bedürfnisse zu erkennen und zu adressieren, um Widerstände abzubauen.
  2. Klarheit im Narrativ: Ein klares und überzeugendes Narrativ hilft, die Vision und die Notwendigkeit der Veränderung zu vermitteln und die Mitarbeiter zu motivieren.
  3. Operationalisierung der Strategien: Strategien müssen in konkrete Handlungsfelder und Aufgaben heruntergebrochen werden, die auf den verschiedenen Ebenen der Organisation umgesetzt werden können.
  4. Einbeziehung der Organisation: Erfolgreiche Veränderung erfordert die Einbeziehung der gesamten Organisation. Strategien sind lebende Systeme, die ständig angepasst und weiterentwickelt werden müssen.
  5. Werte, Kulturen und Denkweisen: Strategien unterliegen Werten, Kulturen und Denk- und Handlungsweisen. Führungskräfte müssen sicherstellen, dass diese Elemente in der Strategie verankert und auf den verschiedenen Ebenen berücksichtigt werden.

Paradigmen, Werte und Prinzipien

Im Modell werden Paradigmen, Werte und Prinzipien unterschieden, die in der Strategie auf verschiedenen Ebenen verankert werden müssen:

  1. Paradigmen: Grundlegende Denkmuster und Weltanschauungen, die die Basis für alle strategischen Überlegungen bilden.
  2. Werte: Kulturelle und moralische Leitlinien, die das Verhalten und die Entscheidungen innerhalb der Organisation beeinflussen.
  3. Prinzipien: Konkrete Handlungsanweisungen und Regeln, die auf den Werten basieren und die Umsetzung der Strategie steuern.

Coaching von Teams und Einzelpersonen

Coaching spielt eine zentrale Rolle bei der Unterstützung von Teams und Einzelpersonen während des Veränderungsprozesses. Durch Coaching kann erreicht werden, dass eine Person die Veränderung tatsächlich für sich begreift und aktiv daran teilnimmt.

Warum Coaching wichtig ist:

  1. Individuelle Unterstützung: Coaching bietet maßgeschneiderte Unterstützung, die auf die individuellen Bedürfnisse und Herausforderungen der Mitarbeiter eingeht.
  2. Förderung des Verständnisses: Coaching hilft den Einzelpersonen, die Veränderung zu verstehen und zu akzeptieren, indem es ihnen ermöglicht, ihre eigenen Bedenken und Fragen zu klären.
  3. Verbesserung der Fähigkeiten: Coaching fördert die Entwicklung der notwendigen Fähigkeiten und Kompetenzen, um die Veränderung erfolgreich zu bewältigen.
  4. Steigerung des Engagements: Durch Coaching fühlen sich die Mitarbeiter unterstützt und wertgeschätzt, was ihr Engagement für den Veränderungsprozess erhöht.

Reaktionen auf Veränderungen und Persönlichkeitstypen:

Unterschiedliche Persönlichkeitstypen reagieren unterschiedlich auf Veränderungen. Beispiele für Persönlichkeitsanalysetypen sind:

  1. MBTI (Myers-Briggs Type Indicator): Ein weit verbreitetes Instrument zur Ermittlung von Persönlichkeitstypen, das auf den Theorien von Carl Jung basiert.
  2. DiSC-Modell: Ein Verhaltenstest, der vier Persönlichkeitstypen (Dominant, Initiativ, Stetig, Gewissenhaft) identifiziert.
  3. Big Five: Ein psychologisch verifiziertes Modell, das fünf Hauptdimensionen der Persönlichkeit misst: Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus.

Es ist wichtig, diese Modelle nicht zur Kategorisierung von Menschen zu verwenden, sondern sie als Inspiration für Gespräche und Selbstreflexion zu nutzen. Sie bieten wertvolle Einsichten, dürfen aber nicht dazu führen, Menschen in Schubladen zu stecken.

Unternehmen als Systeme verstehen

Unternehmen sollten als Systeme verstanden werden, die aus miteinander verbundenen und interagierenden Teilen bestehen. Diese systemische Perspektive hilft, die Komplexität von Veränderungen zu begreifen und effektiver zu managen.

Systemik und Change Stories:

Systemik bezeichnet die Wissenschaft und Praxis, Systeme zu verstehen und zu managen. In Bezug auf Change Stories bedeutet dies, dass Veränderungen nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Vielmehr müssen die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Teilen des Systems berücksichtigt werden.

Warum die systemische Perspektive wichtig ist:

  1. Ganzheitlicher Ansatz: Ein systemischer Ansatz betrachtet die Organisation als Ganzes und nicht nur ihre einzelnen Teile.
  2. Verständnis von Wechselwirkungen: Systemik hilft, die Wechselwirkungen und Abhängigkeiten innerhalb der Organisation zu verstehen.
  3. Nachhaltige Veränderung: Veränderungen, die die systemischen Zusammenhänge berücksichtigen, sind nachhaltiger und erfolgreicher.

Narrative und die Angst vor Veränderung

Eine große Gefahr in der Digitalisierung und besonders im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz sind die Narrative, die sich Menschen selbst erzählen und die Angst vor Veränderung fördern. Diese Geschichten, oft von Unsicherheiten und Ängsten getrieben, können zu Widerständen führen und den Fortschritt behindern. Das bedeutet jedoch nicht, dass in einem System nicht auch ein kritischer Umgang mit Veränderung stattfinden darf und muss. Es ist wichtig, im Dialog zu bleiben und Ängste und Bedenken offen anzusprechen.

Warum der Dialog wichtig ist:

  1. Offener Austausch: Ein offener Dialog ermöglicht es, Ängste und Bedenken zu verstehen und zu adressieren.
  2. Kritische Reflexion: Kritischer Umgang mit Veränderung ist notwendig, um mögliche Risiken und Herausforderungen zu identifizieren und zu bewältigen.
  3. Vertrauen und Transparenz: Durch einen kontinuierlichen Dialog können Vertrauen und Transparenz gefördert werden, was die Akzeptanz von Veränderungen erhöht.

Integriertes Coaching

In der Veränderung fehlt es oft auch an Fachwissen, das macht Angst deshalb legen wir Wert darauf dass wir auch Lehrer sind. Unsere Berater coachen und unsere Coaches beraten. Sie verfügen über umfassendes Fachwissen und verbinden Coaching mit fachlichem Mentoring, sowohl für Einzelpersonen als auch für Teams. Diese Kombination gewährleistet eine tiefgehende Unterstützung während des gesamten Veränderungsprozesses, fördert die Entwicklung notwendiger Fähigkeiten und stärkt das Engagement der Mitarbeiter – und das in einer intimen vertrauten Umgebung, auf allen Ebenen. Fachliche Sicherheit ist ein wesentlicher Faktor in der gelingenden Transformation. In der Vergangenheit haben wir Beratungsprojekte sowohl selbst im Changemanagement begleitet oder sehr erfolgreich mit internen und externen Change Agents zusammengearbeitet. Der Mensch ist ein wesentlicher Teil der Veränderung, manchmal der Entscheidendste.

Fazit

Change Stories und das Modell der Spiral Dynamics bieten wertvolle Ansätze, um Veränderungsprozesse in Unternehmen erfolgreich zu gestalten. Führung und Changemanagement spielen dabei eine entscheidende Rolle. Durch klare Narrative und die Operationalisierung von Strategien können Führungskräfte die Akzeptanz und das Engagement für Veränderungen erhöhen. Coaching von Teams und Einzelpersonen unterstützt diesen Prozess, indem es individuelle Bedürfnisse berücksichtigt und die Entwicklung notwendiger Fähigkeiten fördert. Die Integration von Persönlichkeitsanalysetypen wie MBTI, DiSC und Big Five kann wertvolle Einblicke bieten, sollte jedoch vorsichtig und reflektiert eingesetzt werden. Unternehmen als Systeme zu begreifen und eine systemische Perspektive einzunehmen, ist entscheidend für die erfolgreiche Gestaltung von Veränderungsprozessen. Strategien sind lebende Systeme, die durch Werte, Kulturen und Denk- und Handlungsweisen zusammengehalten werden, und müssen kontinuierlich überprüft und angepasst werden, um ihre Wirksamkeit zu gewährleisten. Zudem ist es wichtig, die Narrative, die Ängste vor Veränderung fördern, zu erkennen und durch offenen Dialog und kritische Reflexion zu bewältigen.