Die positiven Effekte von Narrativen haben wir bereits im Change Management und in der Change Story diskutiert. Menschen lieben Geschichten und Gehirne sind “meaning making machines”, doch Narrative in der Strategiearbeit können auch Gefahren mitbringen.

Unternehmen erzählen sich selbst Geschichten darüber, wie die Welt, die Branche und das Unternehmen funktionieren. Oft wiegen diese Geschichten schwerer als Analysen. KI-Systeme tun oft nichts Anderes – zumindest die generativen KI-Systeme – sie verarbeiten “nur” vorhandenes Wissen, ohne dieses selbst prüfen zu können. Sie funktionieren nach dem Gesetz der großen Zahlen und bringen Logik in eine “vordefinierte Logik”. Dem gegenüber stehen kausale und analytische Ansätze.

Psychologisch haben wir in der Strategieentwicklung vor allem das Problem der “hartnäckigen” Narrative. Die Herausforderung (und oft auch der Mehrwert einer neutralen Sicht von außen) liegt in der Minimierung eines wichtigen psychologischen Effekts, dem sogenannten Bestätigungsfehler (Confirmation Bias). Nicht selten hört man doch: “Ich glaube dieser Strategie nicht.”

Der Confirmation Bias, oder Bestätigungsfehler, ist die Tendenz, Informationen so zu suchen, zu interpretieren und zu erinnern, dass sie die eigenen Überzeugungen und Annahmen bestätigen. In der Strategiearbeit kann dieser Bias schwerwiegende Folgen haben.

Auswirkungen auf die Strategiearbeit

  1. Fehlerhafte Entscheidungsfindung:
    • Führungskräfte können dazu neigen, nur die Informationen zu berücksichtigen, die ihre bestehenden Strategien stützen.
    • Wichtige gegensätzliche Daten oder neue Markttrends werden möglicherweise ignoriert.
  2. Risikoaversion:
    • Bestätigungsfehler kann dazu führen, dass Unternehmen risikoscheu werden und Innovationen vermeiden, um bewährte, aber möglicherweise veraltete Strategien beizubehalten.
  3. Schlechte Problemlösung:
    • Wenn alternative Lösungsansätze nicht ausreichend untersucht werden, kann dies die Problemlösungsfähigkeit des Unternehmens erheblich beeinträchtigen.

Das “Problem” methodisch in den Griff zu bekommen (und es ist zudem vor allem ein zutiefst normales, menschliches) ist nicht trivial, denn die Sammlung von Daten unterliegt qua Selektion bereits Verzerrungen:

  • Auswahl der Daten / Selektion der Daten
  • Art der Daten
  • Qualität der Daten
  • Reichweite der Daten
  • Vorbereitung der Daten / Normierung

In all diesen Schritten werden schon “eigene Sichtweisen” integriert, die das Ergebnis verzerren können.

Ein “Strategiemotor” funktioniert in der Regel immer gleich:

  1. Analyse – Ursachenfindung – Hypothese
  2. Simulation – Szenario
  3. Strategische Entscheidung: Planung der Manipulation der Realität (Strategischer Plan)
  4. (Exekution) – Generierung von Daten zur Hypothesenüberprüfung
  5. Entscheidungsüberprüfung

Qualitativ hochwertige Strategien unterliegen einer Analyse, die möglichst frei von Bias ist, weshalb ein Blick von außen (zur Vermeidung unternehmensinterner Narrative und auch politischer Färbung) neben einer hohen Analysequalität wichtig ist. Grundlegend muss man sagen, Strategie wird eine zunehmend mathematischere Disziplin (was sie eigentlich schon immer war).

Modellklassen in der Strategiearbeit

Inferenzmethoden

  • Art: Algorithmen, die auf bestehenden Daten basierend Vorhersagen treffen oder Schlussfolgerungen ziehen.
  • Grundlage: Wahrscheinlichkeitsrechnung, logische Schlussfolgerungen und Regelwerke. Oft basieren sie auf vorher trainierten Modellen, die aus historischen Daten lernen.
  • Zweck: Entscheidungen treffen oder Vorhersagen machen.
  • Beispiele und Zuordnung:
    • Klassifikation: Entscheidungsbäume (Decision Trees)
    • Regression: Lineare Regression
    • KNN: K-Nearest Neighbors (KNN)
    • Bayessche Netzwerke: Bayesian Networks

Generative Methoden

  • Art: Erzeugen neue Daten oder Inhalte, die den gelernten Daten ähneln.
  • Grundlage: Modelle, die die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Trainingsdaten lernen. Beruhen häufig auf neuronalen Netzwerken, insbesondere GANs und VAEs.
  • Zweck: Kreative oder synthetische Inhalte erstellen.
  • Beispiele und Zuordnung:
    • GANs: Generative Adversarial Networks (GANs)
    • VAEs: Variational Autoencoders (VAEs)
    • Reinforcement Learning: In kreativen Anwendungsfällen, z.B. Spieleentwicklung oder autonomes Fahren
    • GPT: Generative Pre-trained Transformer (z.B. GPT-3)

Analytische Methoden

  • Art: Analysieren Daten, um Muster zu erkennen, Erkenntnisse zu gewinnen und Entscheidungen zu unterstützen.
  • Grundlage: Statistische Analysen, Data Mining, Machine Learning und Visualisierungstechniken.
  • Zweck: Daten analysieren und neue Erkenntnisfragen generieren.
  • Beispiele und Zuordnung:
    • Clusteranalyse: K-Means, DBSCAN
    • Assoziationsregeln: Apriori, Eclat
    • Zeitreihenanalyse: ARIMA, SARIMA
    • Dimensionenreduktion: Principal Component Analysis (PCA), t-SNE
    • Anomalieerkennung: Isolation Forest, One-Class SVM

In der aktuellen KI-Landschaft wird vor allem das Thema Generative AI “gehyped”, nur muss man relativ deutlich sagen, dass diese Methoden für die Strategieentwicklung eher eine untergeordnete Rolle spielen. Der “Hauptgewinn” in der Strategiearbeit liegt sicher im Bereich der Inferenzmodelle.

Das Projekt “KI Periodensystem” versucht, etwas Struktur in die KI-Arten und Anwendungsszenarien zu bringen: “Mit Legosteinen künstliche Intelligenz bauen.”

Empfehlungen und Fazit

Im ersten Schritt – und das kann zum Beispiel sehr gut tatsächlich mit Lego gemacht werden – muss es eine Analyse der Prozesse im Unternehmen geben und die Sammlung von Optimierungspotentialen in allen Kernprozessen des Unternehmens. Dann sollte die Entscheidung über die richtige Methode erfolgen, ganz nach dem Motto: Form follows function.